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…und willkommen bei Bklynbabe. Ich bin mit 42 Mama geworden und im Sommer 2018 mit Mann und 6 Monate altem Baby nach New York gezogen. Jede Menge Abenteuer inbegriffen…

The competition called life

The competition called life

Im Sommer der Corona-Pause nahm Matilda an einem Scooter Wettbewerb teil. Sie war 2,5 und fuhr Roller wie sie alles tut: furchtlos. Der Wettbewerb wurde vom Vater eines Spielplatz-Buddies organisiert, privat, just for fun. Dachten wir zumindest - bis der Organisator die Regeln erklärte. Zunächst einmal gab es eine Vorrunde. Macht Sinn, schließlich sollten die Teilnehmer einer Gruppe eine ähnliche Fahrt-Geschwindigkeit haben. Mit Alter/Fahrkunst wuchs die Anzahl der zu fahrenden Runden. Außerdem sollte nach jeder absolvierten Runde ein Pit Stop eingelegt werden. Ich versuchte mir gerade vorzustellen, wie ich Matilda nach jeder Runde vom Roller zerrte, um ihren Roller imaginär aufzutanken und die Reifen zu wechseln. Glücklicherweise hatten auch die anderen Eltern Zweifel an der Umsetzbarkeit dieser Regel und der Organisator rückte davon ab. Kaum startete die erste Vierergruppe, rannten vier Elternteile neben ihren Kindern her, um diese anzufeuern und Tipps zu geben. Ungefähr so, wie bei diesen Hundeshows im Fernsehen, nur ohne Leine. Jörn warf mir einen „Das machen wir bitte nicht-Blick“ zu, ich zuckte unentschlossen mit den Schultern. Als der Startschuss für Matildas Gruppe fiel, sprintete Daddy ebenfalls los - schließlich sollte unsere Tochter nicht die einzige Teilnehmerin sein, die ohne Coach ihre Runden absolvierte. Matilda belegte den 3. Platz - und das obwohl sie in Runde 2 ganz spontan eine kleine Pause eingelegt hatte. Ich war sehr stolz, vor allen Dingen auf ihre Pause. Es folgte die Siegerehrung, der Organisator hatte sogar Medaillen mitgebracht. Nur zwei Kinder gingen leer aus. Die Kleine aus Matildas Gruppe sass direkt vor mir, ich konnte sehen, wie sie mit den Tränen kämpfte und ihre Mutter mit sich selbst. Schließlich nahm sich die Mutter ein Herz und machte den Organisator darauf aufmerksam, dass ihre Tochter und der kleine Junge auf der anderen Bank keine Medaille bekommen hätten. Jaja, erklärte dieser, denn diese beiden hätten ja auch die geforderten Runden nicht beendet. Die Mutter schaut ihn nur ungläubig an. „It’s all about competition in life, they have to learn it early“ schiebt er hinterher. Ich bin fassungslos, die beiden tun mir so leid. Auf dem Rückweg lässt mich die These des Organisators nicht los. Ist es wirklich sinnvoll, unsere Kinder schon von klein auf, auf den harten Wettbewerb namens Lebens vorzubereiten? Ist es nicht mit drei Jahren legitim, einfach nur Spaß zu haben, möglicherweise gar nicht gewinnen zu wollen? Ich finde ja! Competition beginnt für mich in der Schule, wo Kinder allein durch die Noten lernen, die eigene Leistung zu bewerten und sich mit anderen zu messen. Und das ist auch gut und richtig so, denke ich. So funktioniert unsere Welt nun einmal. Aber bis dahin: Fun first! 

Aber nicht in diesem Land. Letzte Woche verkündete die Kita unserer Tochter im wöchentlichen Newsletter, dass es von nun an ein „Kind des Monats“ geben wird. Wieder war mein erster Gedanke: Wirklich? So viel Wettbewerb schon unter 3-Jährigen? Die Siegerehrung fällt mir wieder ein und der „Mitarbeiter des Monats" bei McDonalds in den 90er Jahren. Die Plakate in den Restaurants fanden meine Eltern damals peinlich und eben irgendwie typisch amerikanisch. Ich habe sie mir trotzdem immer angeschaut und mich gefragt, ob der Mitarbeiter nicht - zumindest heimlich - mächtig stolz darauf ist. Was uns Deutschen manchmal schwer fällt, das gebührende Feiern von Leistung, darin sind die Amerikaner wirklich gut! 

Matilda freut sich jedenfalls über das Plakat im Flur der Kita, das in diesem Monat ihren Kumpel Andrew zeigt - Andrew beim Basteln, Andrew mit Papa, Andrew bei einem Experiment, Andrew mit seiner Katze. Und plötzlich fallen mir wieder die Zeichnungen meiner Grundschulfreundin ein, die im Hausflur hingen - regelmässig aktualisiert mit neuen Produktionen. Auch das fanden meine Eltern irgendwie peinlich, man ginge doch nicht „hausieren“ mit dem Talent seines Kindes. Ich fand es toll! Ich hätte mir gewünscht, dass meine Eltern meine Zeichnungen auch aufhängen würden. Gesagt habe ich das damals nicht. Aber heute, als Mutter, beschließe ich zwei Dinge: Ich werde Matilda nach bestem Wissen und Gewissen und bei größtmöglichem Spaßfaktor in all ihren Talenten fördern. Und ich werde von den Amerikanern lernen und ihre Errungenschaften gebührend feiern. Ihre Bilder werden bei uns definitiv im Flur hängen.

100 Tage Heimat

100 Tage Heimat

Nur nicht krank werden!

Nur nicht krank werden!